Gutes Buch?

Eine Schleiereule gleitet geräuschlos über eine Sandwüste. Sie hat ein festes Ziel vor Augen.  Über dem Revier mehrerer Steinkäuze wird sie langsamer. Nun sieht man dass sie etwas in den Klauen hält. Eine junge Schleiereule. Sie trägt noch das Flaumkleid, ein Nestling. Die Steinkäuze sind alle auf Jagd, ihre Flügelschläge hört man zwar, sie befinden sich jedoch in weiter Entfernung. Niemand ist in der Nähe, aber die Schleiereule weiß dass hier eine Baumhöhle ist, wo die Steinkäuze leben. Die Bäume sind eher Büsche und gerade zu kahl. Die Schleiereule landet und setzt den Nestling vorsichtig auf den Boden. Er schläft. Dann gähnt er und öffnet die Augen. Bald wird er sich an nichts mehr erinnern können. Die Schleiereule sieht ihn noch einmal an, dann erhebt sie sich in die Lüfte und fliegt davon. Der Nestling blickt ihr hinterher.  Auf  einmal werden die Flügelschläge lauter und nähern sich. Die Steinkäuze kommen von der Jagd zurück.  Als der Nestling einen Zugwind hinter sich fühlt, dreht er sich um. Vor ihm sitzt ein Steinkauz und sieht ihn verwirrt an. Der sucht den Himmel ab, um zu sehen, ob dieser Nestling jemandem gehört. Doch da war niemand. Der Steinkauz seufzt. „Komm mit Kleiner. In meiner Höhle ist für noch jemandem grade noch genug Platz.“

Sukra sah in den Nachthimmel hinauf. Da flogen sie. Die Shadowbolts. Er war sich sicher, dass niemand sonst so fliegen konnte wie sie. Ihre Silhouetten tanzten förmlich vor dem Vollmond. Sie bewegten sich schnell und gezielt. Nur durch die Flügelschläge konnte man erahnen wer wo war. Sie drehten Loopings und ließen sich fallen, um wenige Federlängen vor dem Boden, wieder in den Himmel zu schnellen. Ihre Vorstellung lenkte von der heißen Sommernacht ab. „Irgendwann werde ich da mal fliegen.“, sagte er zu Bowl, der neben ihm saß. „Du?!“, rief eine ungläubige Stimme von hinten. Er musste sich nicht umdrehen. Er wusste dass es Korean war, der da rief. „Dich würde man in der Dunkelheit sofort sehen. Du bist zu groß und hast viel zu helles Gefieder.“ grölte Astral. Sukra wusste das er Recht hatte. Er war größer als alle anderen Steinkäuze und hatte ein helleres Gefieder. „Wenn du willst können wir nachher ja ein Wettfliegen machen. Dann sehen wir ja wer besser ist.“, gab er zurück. Sukra wusste das er gewinnen würde. Er hatte eine weite Flügelspanne und konnte lange Strecken fliegen. „Nein danke.“, sagte Korean, „Ich weiß dass du sowieso nie bei den Shadowbolts aufgenommen wirst. Du siehst zu sehr nach Schleiereule aus. So einen komischen Steinkauz wie dich habe ich noch nie gesehen.“
„Genau. Wir wissen nicht wie sie aussehen, aber man hat sie uns beschrieben, und du passt genau auf die Beschreibung.“, mischte sich jetzt auch noch Astral ein. Bowl trat einen Schritt vor. „Ach was. Er ist eben ein besonderer Steinkauz.“ Die Worte gaben Sukra Kraft. „Das wird’s sein. Außerdem kann ich jederzeit ein Shadowbolt werden. Ich muss nur Dostrol fragen.“ „Ach ja? Dann frag ihn doch.“, sagte Astral. „Das tu ich auch. Sobald sie mit der Vorführung fertig sind.“ „Dann kannst du ihn ja jetzt fragen.“ Sukra drehte sich um. Die Shadowbolts waren auf dem Boden gelandet. Er hätte fast geseufzt. Nur wegen Korean und Astral hatte er die Vorführung verpasst. „Na los, frag ihn.“, ermutigte ihn Blow. Also ging Sukra auf Dostrol zu. Er war der Anführer der Shadowbolts - und Sukra`s Vater. Dostrol sah ihn an und lächelte. „Na wie findest du uns?“ Die Shadowbolts waren ein Kampftrupp. Sie verteidigten das Revier. Das was sie in der Vorstellung zeigten, waren Tricks um den Gegner zu verwirren. Anders konnten sie sich keinen Vorteil erspielen, denn Steinkäuze waren klein, nicht geräuschlos beim Fliegen und konnten nicht lange Fliegen. Einmal im Monat, bei Vollmond zeigten sie diese Kunststücke. „Es war wundervoll“, log Sukra, obwohl er doch gar nichts gesehen hatte. „Sag mal braucht ihr eigentlich noch einen weiteren Shadowbolt?“ „Ja, warum? Hast du einen Vorschlag?“ „Ja.“ „Und wen?“ „Nun ja. Ich dachte da an mich.“ Als Dostrol still wurde, wusste Sukra das er kein Shadowbolt werden würde. „Ähm weißt du, ich dachte da an jemand anderen.“ Es war klar das Dostrol die Sache peinlich war. „Und an wen dachtest du da?“ „Du kennst ihn.“ „Bowl?“ Wenn sein bester Freund ein Shadowbolt wurde, war das zu verkraften. „Bowl? Nein der ist mir zu zimperlich. Ich dachte an Korean.“ „Korean?!“ Sukra musste sich zusammenreißen um nicht zu schreien. „Ja. Entweder ihn oder Astral.“, sagte Dostrol, der anscheinend gar nicht wusste was in Sukra vorging, „wenn du mich entschuldigst, die Vorstellung hat mich müde gemacht. Außerdem geht bald die Sonne auf.“ Mit diesen Worten flog Dostrol zu ihrer gemeinsamen Baumhöhle und ging hinein. Sukra blieb angewurzelt stehen. Korean oder Astral als Shadowbolts. Der Gedanke ließ ihn erschaudern. Er hatte schon so oft gezeigt dass er besser fliegen konnte als Korean. Und besser als Astral erst recht. Und nur weil er größer war und helleres Gefieder hatte als die beiden durfte er kein Shadowbolt sein. Am liebsten würde er sich sein Gefieder ausreißen. Wie oft hatte er sich schon im Schlamm gewälzt um braune Federn zu bekommen. Wie oft hatte er sich zusammengekauert um so klein wie die anderen zu sein. „Alles ist eure Schuld, ihr blöden Federn.“ Er biss sich in den Flügel und riss eine der Federn aus. Es tat weh. Sehr weh. Aber es beruhigte seine Wut, doch seine Enttäuschung machte es nicht wett. „Sukra?“ Blow war zu ihm gekommen. Kurz wunderte er sich warum es hier so hell war, dann sah er dass die Sonne aufgegangen war. „Komm Sukra. Wir fliegen spazieren.“ Ach der gute Blow. Er wusste immer wann er seine Hilfe brauchte. „Und die Vögel?“ Manche Vögel griffen Steinkäuze an, wenn sie tagsüber unterwegs waren. „Mit dir hab ich keine Angst vor ihnen. Du kannst sie vertreiben.“

Er und Blow flogen über die Sandwüste. Sie nahmen Kurs auf eine großen Sanddüne. Sukra wusste das es die größte in der gesamten Wüste war. Seine Flügel trugen ihn so weit, dass er die ganze Wüste überfliegen konnte. Nun ja, natürlich musste er immer wieder eine Pause einlegen. Sukra und Blow landeten auf der Sanddüne. „So also was ist los?“, fragte Blow. „Ich werde kein Shadowbolt.“, sagte Sukra, „aber noch schlimmer ist das entweder Korean oder Astral Shadowbolts werden.“ Es fiel ihm schwer den Satz auszusprechen. Er hatte doch so oft versucht Dostrol und die anderen Shadowbolts zu beeindrucken. Er wusste von jedem von ihnen den Namen und konnte sogar ihre Fluggeräusche voneinander unterscheiden.
„Was?! Korean oder Astral?! Das ist furchtbar. Sie werden sich über uns lustig machen, weil sie Shadowbolts sind und wir nicht.“ Es tat gut, dass es Blow genau so ging wie ihm. „Ja das denke ich auch.“
„Aber wir können eben nichts machen. Wir können nur hoffen das sie doch jemanden von uns nehmen.“ „Doch wir können etwas machen. Wir werden ihnen zeigen was wir können.“ Die Vorstellung doch noch ein Shadowbolt zu werden machte ihm Mut und ließ sein Herz schneller schlagen. „Und wie?“ Sofort war dieses Glücksgefühl vorbei. Aus seinen anscheinend gescheiterten Fehlschlägen sie zu beeindrucken war er zu dem Schluss gekommen, dass man ihnen nicht imponierte wenn man ein paar Loopings drehte. Da musste man schon etwas Großes vollbringen.


Sukra saß schlaflos in seiner, und Dostrols Höhle. Dieser hatte sich aufgeplustert, den Kopf eingezogen und schlief tief und fest. Ein Blick nach draußen zeigte dass es Mittag war. Schlafenszeit. Er und Blow waren zu keinem grünem zweig gekommen. Draußen war es nun heiß und windig. Der Sand wehte hin und her.
Es war ausweglos. Korean oder Astral. Einer von ihnen wurden Shadowbolts. Dabei taten sie nichts Besonderes. Sie waren wie alle anderen. Sie aßen, sie schliefen, sie Jagden, sie flogen. War es vielleicht das? Musste man nichts Großes vollbringen um ein Shadowbolt zu sein? Sich einfach wie alle anderen verhalten? Diese Fragen schwirrten ihm im Kopf herum, während draußen ein Sandsturm tobte. Der Lärm hielt ihn wach, aber dann übermannte ihn die Müdigkeit.

Also musste Sukra ihm helfen. Er atmete einmal kurz ein und aus, und versuchte seine Panik zu unterdrücken. Der Steinkauz erhob sich in die Lüfte. Sein Herz hämmerte. Wie in Zeitlupe sah er wie der Geier ihn entdeckte und auf ihn zuflog, wie Blow aus dem Baumstamm kam und Richtung Lager flog. Er spürte wie seine eigenen  Flügel zu schlagen anfingen, wie der Geier hinter ihm kreischte, der Wind der ihm entgegenschlug. Dann wie sich Krallen in seine Schwanzfedern bohrten und ihn abbremsten. Seine Flügel konnten nicht schnell genug schlagen, er schlug so schnell mit ihnen dass es wehtat. Er wurde langsamer. Die Krallen hielten ihn immer noch fest. Sukra spürte wie ein Gewicht ihn nach unten drückte. Der Boden kam immer näher und das Gewicht, zu dem die Krallen gehörten, drückte ihn weiter nach unten. Der Boden war nur noch wenige Flügelschläge entfernt, als er das triumphierende Kreischen des Geiers hinter sich hörte. Es ist aus, dachte er. Dann wurde sein Gesicht in den heißen Sand gedrückt.